Presseförderung und Vielfalt in Europa

Forschungsprojekt

Massenmedien werden in der kommunikationswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit ihren gesellschaftlichen Funktionen in modernen Demokratien als zwingendes Mittel zum Austausch zwischen (u.a.) den politischen Institutionen und der Bevölkerung durch das Herstellen von Öffentlichkeit beschrieben (vgl. z. B. Beck, 2006). Imhof, Blum, Bonfadelli und Jarren bringen das Verhältnis zwischen Öffentlichkeit und Demokratie auf den Punkt: „Ohne freie Öffentlichkeit – so die Quintessenz – keine demokratische Gesellschaft“ (Imhof et al., 2006, 12). Mit diesem Verständnis der medialen Funktionen geht einher, dass die Qualität von Medienleistungen dann als das gute Erfüllen von Funktionen bezeichnet werden kann (vgl. Schwarb, 2007, 81-88). Unter dem Begriff „Media Performance“ (McQuail, 1992) hat sich hierzu eine ganze Forschungsrichtung ausgebildet (vgl. aktuell z. B. Puppis et al., 2013).

Für eine funktionierende, repräsentative Demokratie macht die Kommunikationswissenschaft basierend auf dem Pluralismus (u.a.) strukturell publizistische Vielfalt als entscheidenden Aspekt aus (vgl. z.B. Zerback, 2013; Rager & Weber, 1992): Eine garantierte Vielfalt an Meinungen, Perspektiven und Inhalten ist für „die umfassende Information der Bürger und für Meinungsbildungsprozesse in demokratisch organisierten Staaten unentbehrlich“ (Bonfadelli & Schwarb, 2006: 22). McQuail (vgl. 1992) definiert Vielfalt in seinem vielzitierten Werk erstens als Zugang zu Medienangeboten für alle gesellschaftlich relevanten Gruppen, zweitens als vielfältige Auswahlmöglichkeiten für die Rezipienten sowie drittens als die vielfältige Repräsentation der Gesellschaft (vgl. auch Stark, 2008). Der erste Aspekt kann bei der Untersuchung westlicher Demokratien außer Acht gelassen werden, weil hier vom allgemeinen und unbeschränkten Zugang zu den Massenmedien ausgegangen werden kann. Der zweite Aspekt spricht ganz allgemein die Angebotsebene an: Eine Vielfältigkeit der Auswahlmöglichkeiten beim Rezipienten dürfte – bei gewährleisteter Zugangsvielfalt – dann gegeben sein, wenn ein vielfältiges Angebot vorliegt. Beim dritten Aspekt geht es um die Ebene der Medieninhalte, die hier aus forschungsökonomischen Gründen ebenfalls ausgeklammert werden muss. Die einfachste Herangehensweise an Angebotsvielfalt geht davon aus, dass durch mehr Anbieter auf einem Markt quasi automatisch die Vielfalt gesteigert wird (vgl. Prosser, 2007). Diese argumentiert also außenpluralistisch.

Medienkonzentrationsprozesse, die die Anzahl der Anbieter auf dem jeweiligen Markt reduzieren, laufen somit der publizistischen Angebotsvielfalt zuwider. Knoche geht sogar so weit, dass solche Prozesse „die demokratischen Grundlagen kapitalistischer Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme [gefährden], weil sie den propagierten Idealen des Wettbewerbs und der publizistischen Vielfalt real widersprechen“ (Knoche, 2007, 124). Das Erzielen ökonomischer sowie publizistischer Vorteile bei den wachsenden Unternehmen und die Gefährdung der Vielfalt stehen konsequenterweise seit Jahren auf der Agenda der internationalen Community, wie z.B. die langfristige Betrachtung von Baker (vgl. 2007) zeigt.

Im Pressesektor wird in fast ganz Europa medienpolitisch versucht, solchen Konzentrationsprozessen durch spezifische Fördermaßnahmen entgegenzuwirken und die Vielfalt zu fördern (vgl. Puppis, 2010). Aktuell diskutiert z.B. die kleinräumige Schweiz über ein neues Modell der direkten und indirekten staatlichen Presseförderung (vgl. Werbewoche, 2012). Dieser Beitrag geht empirisch der Frage nach, welchen Einfluss Presseförderungsmaßnahmen überhaupt auf die Medienkonzentration haben.

Projektlaufzeit

01.07.2013 - 30.06.2020

Projektleitung

Mittelgeber

HTW Berlin

Kooperationspartner

Mart Ots, Jönköping, Schweden

Michal Kus, Wroclaw, Polen

Eli Skogerbo, Oslo Norwegen

Karen Arriaza Ibarra, Madrid, Spanien

Roddy Flynn, Dublin, Irland

Petros Iosifidis, London, GB

weitere in Vorbereitung

Paolo Mancini, Perugia, Italien

Luís Santos, Braga, Portugal

Paul Murschetz, Klagenfurt/Wien, Österreich

Klaus Neumann-Braun, Basel, Schweiz

Tom Evens, Gent, Belgien