AI-Roadmap für die Lehre

Wie die HTW Berlin AI in die Lehre integriert

Dieser Artikel gibt Ihnen weiterführende Informationen, wie mit dem Thema Artificial Intelligence (AI)/ChatGPT an der HTW Berlin weiter umgegangen wird. Eine generelle Einschätzung entnehmen Sie auch der Campus-Story „Auswirkungen von Sprachmodellen (ChatGPT) auf die Hochschullehre an der HTW Berlin“ . 

Artificial Intelligence-basierte Sprachmodelle werden weitreichende Folgen für die Industrie und die Gesellschaft haben. Die Folgen für die Lehre hängen vom wohlüberlegten Einsatz dieser Tools durch die Studierenden und Lehrenden ab. Vertiefte Forschung ist notwendig, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Eine Roadmap zum Umgang und zur Reaktion auf diese neue Technologie in der Lehre an der HTW Berlin beinhaltet fünf Schritte, die im Folgenden kurz behandelt werden.

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Experimenteller Einsatz in der Lehre

Erste Experimente zum Einsatz von ChatGPT und anderen generativen Tools gibt es bereits im laufenden Sommersemester. So setzen Lehrende diese Tools bewusst in ihren Lehrveranstaltungen ein. Beim Tag der Lehre am 31.5.2023 können interessierte Lehrende in einem Workshop einen kurzen Einblick in KI und Sprachmodelle wie ChatGPT erhalten, ein KI-Schreibtool ausprobieren und erste Ideen zum Einsatz in der Lehre entwickeln.

Umfangreiche Schulungs- und Austauschformate

Damit die Lehrenden aktiv an die Technologien herangeführt und sie die Funktionsweise von AI-Tools kennenlernen sowie die Qualität der Ergebnisse einschätzen können, wird das Lehrenden-Service-Center im Wintersemester verschiedenste Angebote umsetzen. Auch die Fachbereichsleitungen bieten ein breites Spektrum von Schulungen und Workshops an. Darüber hinaus unterstützt das Projekt KIWI Lehrende mit konkreten KI-Bausteinen für die Lehre. Dies ermöglicht es den Lehrenden und Gremienmitgliedern der akademischen Selbstverwaltungen, sich eine fundierte Meinung zu Konsequenzen für den eigenen Lehrbereich zu bilden. 

Prüfungsrechtliche Einordnung und Absicherung

Uns treibt zurecht die Frage um, wie korrekt in Prüfungssituationen mit den AI-Tools umzugehen ist. Die bisher verfügbaren Experteneinschätzungen kommen zu dem Schluss, dass ein korrekter Nachweis der Generierung von Texten nicht zuverlässig möglich ist. Sollten Texte also durch Studierende ohne entsprechende Kennzeichnung in Prüfungsarbeiten/Paper etc. genutzt werden, so kann eine entsprechende Prüfungsleistung nur schwerlich rechtssicher als unzulässig eingeordnet werden.

Es ist festzustellen, dass dem Wunsch der Lehrenden nach konkreter und zweifelsfreier Handhabung der AI-Tools nur durch die Nutzung der entsprechenden Art der Prüfungsleistung nachgekommen werden kann. Sobald der Einsatz von Computern während der Prüfungsphase möglich ist, könnten Prüferinnen und Prüfer zwar AI-Tools verbieten. Dies ist aber wenig sinnvoll, da ein Nachweis einer Zuwiderhandlung nicht möglich ist.

Hinweise zur Handhabung in Prüfungssituationen

  • Studierende erhalten in einer Aufgabenstellung den Hinweis, dass Ergebnisse von AI-Tools immer und vollständig als direkte Zitate zu kennzeichnen sind.
  • Studierende geben bei einer schriftlichen Arbeit stets eine Eigenständigkeitserklärung ab. Dies gilt laut RStPO § 23 Absatz 5 insbesondere auch für Abschlussarbeiten.
  • Die Nutzung von AI-Tools zur Textgenerierung entspricht dem Ghostwriting oder der Beratung durch eine/n unbekannten Dritten. Besteht ein Plagiatsverdacht und sollte dieser nachgewiesen werden können, müssen Details vollständig dokumentiert werden. Das Verfahren ist das gleiche wie bei allen anderen Täuschungsversuchen.
  • Empfohlen wird, schriftliche Modulabschlussprüfungen (Klausuren) wieder ausschließlich in Präsenz abzunehmen oder durch mündliche Modulabschlussprüfungen zu ersetzen. Nicht in Präsenz abzulegende schriftliche Prüfungsleistungen sollten immer mit einer mündlichen kombiniert werden.
  • Haus- oder Belegarbeiten können mit (Verteidigungs-)Präsentationen/Referaten kombiniert werden, so dass an einem verpflichtenden Anwesenheits-Blocktag alle mündlichen studienbegleitenden Prüfungsleistungen (in der Gruppe) stattfinden.
  • Schriftliche studienbegleitende Prüfungsleistungen können auch zur Voraussetzung von mündlichen studienbegleitenden Prüfungsleistungen oder mündlichen Modulabschlussprüfungen gemacht werden.

Anpassung der Rahmenstudien- und Prüfungsordnung

Die Diskussion hier zeigt deutlich die Notwendigkeit der Anpassung der Prüfungsarten und der Prüfungsfragen. Sofern sich diese Vorgehensweise bewährt, sind ggf. weitere Prüfungsarten in der Rahmenstudienprüfungsordnung zu verankern und von den Gremien diskutiert und ggf. verabschiedet werden. Bis dahin stellen o.g. Punkte einen entsprechenden Rahmen mit gleichen rechtlichen Konsequenzen zur Verfügung.

Anpassung der Studien- und Prüfungsordnungen der Studiengänge

Die Auswirkungen von AI-Tools auf die Studien- und Prüfungsleistungsleistungen wird in den jeweiligen Fachgebieten und Studiengängen unterschiedlich sein! Daher müssen die entsprechenden Studien- und Prüfungsordnungen auch jeweils spezifisch angepasst werden – eine zentrale Vorgabe wäre für das breite Fächerspektrum an der HTW Berlin falsch. Die Anpassung der Rahmenstudienprüfungsordnung soll Studiengängen hierzu mehr Freiraum geben.

Dies bedeutet einerseits die kompetenzseitige Überarbeitung der Modulbeschreibungen. Zudem sind Prüfungsformen zu wählen, die eine mündlichen Prüfungskomponente mit schriftlichen Erarbeitungen kombiniert, um ein entsprechendes Verständnis der Materie im Prüfungsgespräch unter Beweis zu stellen. Auch Prüfungsformen, wie die Portfolioprüfung sind zu berücksichtigen.

Von großer Tragweite für unsere Studierenden sind die Abschlussarbeit und das Abschlusskolloquium. Dies sind derzeit in zwei Noten (sog. X2 und X3-Note) getrennt. Eine Zusammenführung in einer Note scheint sinnvoll. Lt. Rahmenstudienprüfungsordnung §4 Abs. 3 sind derzeit 10-12 ECTS für Bachelorarbeiten und 20 – 30 ECTS für Masterarbeiten zu vergeben. Eine Abschlussarbeit kann in einem Seminar (Bachelor 3 ECTS und Master 5 ECTS) begleitet werden.

Eine Verschiebung des Workloads und der Gewichtung der Bewertung hin zum Seminar und zu Gunsten des darauffolgenden Kolloquiums muss studiengangsspezifisch vorgenommen werden! Das Gewicht der Abschlussarbeit kann reduziert und das des Seminares und des Abschlusskolloquiums deutlich erhöht werden. Entsprechende Optionen werden in den prüfungsrechtlichen Rahmenbedingungen an der HTW Berlin umgesetzt. Diese Anpassungen stehen am Ende des hier beschriebenen Prozesses! Eine gute Regelung bedarf erster konkreter Erfahrungen, weil sie ansonsten der Bedeutung der Abschlussprüfungen nicht gerecht würde.

Ich plädiere daher für die Umsetzung dieses hier beschriebenen schrittweisen Prozesses. Studierende und Lehrende nutzen die AI-Tools und sammeln Erfahrungen. Didaktik und Prüfungsregelungen werden schrittweise und im Diskurs miteinander angepasst, damit wir rechtssicher und fair in Prüfungssituationen miteinander umgehen.