Argumente für Gender & Diversity in der Lehre

Seiteninhalt

Warum sollte ich mich mit Gender & Diversity beschäftigen?

Gender bedeutet „soziales Geschlecht“. Gemeint sind damit gesellschaftliche Rollenbilder und die eigene Geschlechtsidentität. Gender wirkt in unserer Gesellschaft, in Wissenschaft, Bildung und Hochschulen und prägt unsere Entscheidungen, unser Verhalten und unsere Chancen. Dies gilt auch für viele weitere Dimensionen gesellschaftlicher Vielfalt (Diversity). Ein bewusster Umgang mit Vielfalt an der Hochschule trägt zur Förderung der Chancengleichheit und zum Abbau von Diskriminierung bei. Die HTW bekennt sich in der Satzung zur Verwirklichung der Chancengleichheit der Geschlechter der HTW Berlin dazu, Chancengleichheit in der Lehre zu fördern, da Vielfalt an der HTW als Chance für eine gute Lehre begriffen wird.

Gender- und Diversity-Kompetenzen sind berufliche Schlüsselkompetenzen. Als Hochschule stehen wir für anwendungsorientierte Studiengänge. Studierende und Absolvent*innen, die im Umgang mit Vielfalt kompetent sind, sind gut vorbereitet auf die Arbeit in heterogenen Teams, auf verschiedene Kund*innen und die Berücksichtigung der relevanten Diversity-Dimensionen bei der Entwicklung von Produkten und Lösungen.

Aber auch in der Lehre selbst ist ein bewusster Umgang mit Gender und Diversity wichtig. Die Studierenden der HTW Berlin bringen unterschiedliche Lebensrealitäten und Erfahrungen mit. Sie sind vielfältig im Hinblick auf Geschlecht, sexuelle Identität, die soziale und kulturelle Herkunft, auf körperliche Befähigungen, Religionen und Weltanschauungen, den familiären Status und das Alter. Gute Lehre beinhaltet einen aktiven Umgang mit dieser Vielfalt, um substantielle Chancengleichheit zu sichern. Dazu gehört es, Diskriminierungen zu vermeiden und Studierenden unterschiedlicher Hintergründe Anknüpfungspunkte an ihre Lebenswelten zu bieten, z.B. durch Vielfalt in der Sprache und im Bildmaterial.

Was haben Gender & Diversity mit meinem Fach zu tun?

Geschlecht spielt überall dort eine Rolle, wo es um Menschen geht. Gerade in anwendungsbezogenen Fächern werden Lösungen für gesellschaftliche Probleme entwickelt - hier spielen Geschlecht und weitere Diversity-Dimensionen oft eine entscheidende Rolle. Dies gilt auch für scheinbar ‚gender-neutrale‘ Bereiche wie die MINT-Fächer, wenn es etwa um das Nutzungsverhalten geht oder um die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen. Ein Beispiel aus der Fahrzeugtechnik sind Crash-Test-Dummies. Diese waren lange Zeit dem männlichen Durchschnittskörper nachempfunden, später kamen weibliche Körpermodelle und Kinderkörper dazu. Erst in den 2000er Jahren wurden auch Schwangere berücksichtigt und neue Gurtsysteme entwickelt. Ein weiteres Beispiel ist das Diskriminierungspotential von vermeintlich neutralen Algorithmen, die eine Bewerber*innenauswahl aufgrund von gesammelten Daten vornehmen. Erkennt ein Algorithmus beispielsweise, dass bisher Männer in Führungspositionen sind und trifft die Annahme, dass Männer scheinbar gute Führungskräfte sind, werden eher Männer vorgeschlagen. Dabei werden die strukturellen Hürden außer Acht gelassen, die verhindern, dass Frauen in gleicher Anzahl wie Männer in Führungspositionen gelangen.

Auch in Fächern und Modulen mit geringerem Anwendungsbezug lassen sich fachbezogene Genderinhalte verankern. Ansatzpunkte hierfür bieten Fachgeschichte (Berücksichtigung von Frauen in der Darstellung von historischen und aktuellen Persönlichkeiten des Faches sowie die Vermittlung der historischen und gesellschaftlichen Ursachen der Unterrepräsentanz von Frauen) sowie Berufsfeldkompetenz (Gender, Diversity und Chancengleichheit im Beruf). Hier sind Fragen, die zur Erweiterung Ihrer Lehre anregen können: Welche aktuellen und historischen Persönlichkeiten zeige und zitiere ich? Welche Rollenbilder herrschen in meinem Fach vor und welche Rollenbilder möchte ich meinen Studierenden vermitteln?

Inhaltliche Beispiele für alle Fächer finden Sie in dieser umfangreichen Datenbank: www.gender-curricula.de

Bei mir sind nur Männer im Seminar - warum sollte Gender eine Rolle spielen?

Dieser Annahme liegt der Irrglaube zugrunde, mit dem Begriff Gender seien Frauen gemeint. Gender bedeutet soziales Geschlecht, also männlich, weiblich, trans*, inter*, divers. Bei einer geschlechtssensiblen Lehre wird ein Augenmerk darauf gelegt, dass alle Geschlechter repräsentiert werden und alle Lernenden die gleichen Chancen haben. Am Beispiel eines Seminars, an dem ausschließlich Männer teilnehmen, kann gefragt werden, warum das so ist und wie Barrieren für Frauen abgebaut werden können. Auch oder gerade wenn eine Gruppe nur aus Männern besteht, ist es wichtig zu reflektieren, welche Geschlechterbilder tradiert werden, was in dem jeweiligen Fach als „typischer Mann“ gilt und ob dieses Bild nicht nur Frauen, sondern auch bestimmte Männer ausschließt. Das gilt umgekehrt auch für Seminare, in denen ausschließlich Frauen anwesend sind.

Nicht alle Menschen verhalten sich wie typische Männer oder typische Frauen und manche fühlen sich keiner der beiden Kategorien zugehörig. Deshalb ist es wichtig, in jedem Seminar verschiedene Geschlechter und Lebensrealitäten zu beachten und in Sprache und Bildern zu repräsentieren. Zudem gibt es unabhängig vom Geschlecht verschiedene Lerntypen, die auf verschiedene didaktische Methoden ansprechen.